Donnerstag, April 18, 2024
   
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Und noch ein paar Worte zum Risiko

Ich sehe ja ein, dass ich mich nicht so einfach über's Risikospiel hätte hermachen sollen. Es handelt sich ja schließlich um das letzte verbliebene wirkliche Spielfeature an modernen Automaten - oder übersehe ich da etwas? Wo früher Serien durch Verlängerungsmöglichkeiten aufgewertet wurden, Gewinne eine zusätzliche Befüllung von Jackpotfeatures lieferten, spezielle Kombinationen eine Leiter voranschreiten ließen oder gar Wahlmöglichkeiten des Spielers zwischen verschiedenen Spielsystemen vorgesehen waren (etwa beim Rotomat Tip-Top), da ist jetzt das Risiko (neben ganz obskuren Jackpotleisten und gelegentlich überraschenden Ausspielungen) die einzige Ergänzung des bloßen, unbeeinflussbaren Laufes geworden. Klar, dass man dieses Feature nicht so gern verliert - außer natürlich, man liebt ganz alte Systeme (NSM Mint, Touromat Golden Jack, Rotomat Treff etc.)...

Also mache ich mal einen Rollenwechsel. Eben noch war ich ja ein verantwortungsbewusster P'ltiker, wie es sie zurzeit nicht gibt. Werde ich doch mal zum Entscheidungsträger in einer Klitsche, die Zockmühlen herstellt. Wenn ich Automaten herstellen würde und plötzlich wegen einer anderen rechtlichen Grundlage nicht mehr mein gesamtes Spiel um die jetzige Zweieinigkeit Ausspielung mit Risikomöglichkeit zentrieren könnte, dann würde ich mir natürlich überlegen, womit man Spieler sonst so bei der Stange halten kann.

 

Wenn ich dabei sehr fantasielos wäre, würde ich mich zunächst alten Materiales bedienen. Ich würde Lichtjackpots wie in der Exquisit-Reihe einbauen, mich aber vielleicht auch an Ideen wie beim ADP Merkur Bingo oder beim Hellomat Goldfinger bedienen. Vielleicht fiele mir auch wieder ein, was Wulff damals mit dem Manhattan gemacht hat (übrigens eine geile Idee, diese Jackpotmatrix). Ich bräuchte kein bisschen innovativ zu sein (und das ist man in der Branche im Allgemeinen auch nicht) und hätte sofort eine Menge guter Ideen zur Verfügung. Mein erster Neuentwurf wäre so etwas wie der NSM Monopoly mit einem zusätzlichen Jackpotsystem, das bei Erreichen einiger Felder ausgelöst wird. Nichts wirklich revolutionäres, aber es wird bestimmt Spieler nachhaltig fesseln. Vor allem denn, wenn sie nicht mehr bei jedem 20 Cent-Gewinn denken, dass er durch's Risiko zu einer großen Serie werden kann (was übrigens eine Illusion ist, da die maximal erreichbare Stufe wohl in aller Regel schon feststeht, bevor auch nur einmal riskiert wurde). Und wenn sich langsam (was immer wieder vorkäme) auf einem im Prinzip leicht erreichbaren Feld eine ordentliche Gewinnmöglichkeit angesammelt hat, dann wird's richtig interessant.

Gewiss, das ist auch nur eine Form der Ausspielung, die aber durch die Form ihrer Präsentation für den Spieler viel interessanter ist als das bloße, verarschende Durchblinkenlassen der erreichbaren Felder. Außerdem weiß ich noch vom eigenem Leibe, wie anregend gefüllte Jackpotsysteme auf die eigene Spielbereitschaft sind (ich sage nur exiquisit royal)... - ich hatte eigentlich immer (mindestens) einen Heiermann mehr reingesteckt, als ich wollte.

Es hat sich einfach durch die Erfahrung der letzten zwanzig Jahre gezeigt, dass die Zentrierung der Spielideen auf das Feature des Risikospieles alle anderen Spielideen verdrängt. An die Stelle einer ganz brauchbaren Unterhaltung mit Gewinnmöglichkeit trat das Zocken, und nach der jetzt geltenden Verordnung auch der ganz schnelle Zock mit hohem Abhängigkeitspotenzial, der besser in den Automatensälen der Spielcasinos mit ihrer höheren Hemmschwelle aufgehoben wäre.

Wenn ich aber dann als Hersteller auch noch innovativ wäre, dann würde ich mir ganz neue Dinge einfallen lassen. Hier nur eine erste Idee:

Gewinne müssen nicht angenommen werden, sondern können in Form von Punkten aufgespart werden. (Das ist kein Risiko, sondern nur eine andere Form der Gewinnspeicherung.) Ein Gewinn von 20ct bringt etwa einen Punkt, ein Sonderspiel steht für fünf Punkte. Diese aufgesparten Punkte können in andere Spielfeatures verwandelt werden, sie können aber auch jederzeit auf dem Serienzähler oder dem Guthabenzähler verbucht werden. Solche Systeme denke ich mir natürlich nicht für die bierselige Kneipe oder für Mr. Döner umme Ecke, sondern für die richtigen Freunde des Spieles an geeignetem Ort - und verbinde sie gleich mit hoher Quote (90 Prozent statt der vorgeschriebenen 85). Auch dann kann eine große Serie aus angesammelten kleinen Gewinnen gemacht werden, zudem erhalten die richtigen Zocker die Möglichkeit eines strategischen Spieles, wenn sie sich überlegen, für welches Feature sie die gesammelten Punkte einsetzen.

Jetzt aber mal wieder als ich selbst.

Dass das Risiko so beliebt ist, liegt in meinen Augen nur daran, dass es in den letzten zwanzig Jahren nichts anderes gab. Dass andererseits so viele Leute wirklich nur zum Vergnügen so viel Geld in feature-reiche Fungames aller Art geworfen haben, ist ein deutliches Zeichen dafür, dass der müde Spielverlauf heutiger GSG ein Schritt in die falsche Richtung war.

Das Problem beim Risiko liegt darin, dass es ein "Spiel im Spiel" mit zuweilen sehr hohem Einsatz ist. Die verordnete Beschränkung der Einsatzhöhe und des Höchstgewinnes sowie die Festlegung einer Mindestspieldauer war ja nicht sinnfrei, sondern sollte absehbaren Suchtproblemen entgegentreten. Die Automaten produzierende Industrie hat dann auch alles getan, um doch Kisten mit hohem Suchtpotenzial zu bauen.

Die Gewinnbeschränkung auf den zehnfachen Einsatz wurde mit der Einführung von Serien umgangen. Das war eine relativ gute Idee. Ich persönlich ziehe einen Seriengewinn dem nüchternen Auswurf von zweihundert Münzen aus einer Slotmaschine vor; der Gewinn selbst ist ein viel interessanteres Ereignis. (Außer natürlich, man hat so in's Glück gegriffen, dass die Serien in ihrem Ablauf richtig langweilig werden. Aber das hat man nicht oft...)

Die Einsatzbeschränkung wurde mit der Einführung des Risikos umgangen. Das Risiko ist ein eigenes, sehr primitives und momentan unreglementiertes Spiel für sich (es ist nicht einmal festgelegt, dass es eine 1:1-Chance sein muss); und wenn da 25 Sonderspiele risikiert werden, denn ist das schon ein sehr hoher Einsatz in einem solchen Spiel, über den binnen weniger als einer zehntel Sekunde auf nicht weiter nachvollziehbare Weise entschieden wird. Wie sehr sich dieses Spiel vom eigentlichen Spielgeschehen des GSG unterscheidet, zeigt sich auch im verbreiteten urbanen Aberglauben um das Risikospiel (musste kurz drücken etc.), der von einer Beeinflussungsmöglichkeit ausgeht, die im Gegensatz zum gewöhnlichen, als zufällig empfundenen Spielergebnis steht (der Kasten is' fällig).

(Übrigens wurde auch die Festlegung der Mindestspieldauer immer wieder in der neueren Zeit umgangen, indem ein Spiel in ein paar Teilspiele aufgeteilt wurde, etwa beim NSM Rasant. Deshalb habe ich dieses Thema auch kurz erwähnt. Im Gegensatz zu unseren Parlamentariern habe ich nämlich in diesem Bereich eine gewisse Sachkenntnis, diese scheinen hingegen nur noch zu wissen, bei wem sie sich anschleimen müssen, um an gutdotierte Aufsichtsratposten zu kommen. Korruption ist keineswegs das, was diesen Staat gefährdet und zerfrisst, sondern das, was ihn die ganze Zeit entgegen aller Vernunft und den Interessen der Mehrheit seiner Bewohner zusammenhält. Aber es ist auch nicht mein Staat, ich lebe hier nur zufällig. Mist, ich schreibe schon wieder etwas P'litisches... - und nein, ich gehe nicht in die DDR! großes Grinsen )

In letzter Krönung der alleinigen Entwicklung zum Risiko entstanden sogar Spielsysteme, die ihre richtigen Gewinne nur noch über's Risiko gewährten. Ich denke da weniger an die kleine Serie von Hochquotengeräten, die Wulff in den Achtzigern gebaut hat (Fireball etc.), sondern an modernere Entgleisungen, wo die höchsten Gewinne in irgendwelchen "Super-Risikospielen" bestehen, das im Wesentlichen das Versprechen ist, leicht und sicher auf den Anschlag drücken zu können - das eigentliche Spiel war hingegen an diesen Automaten etwa so anregend wie der Einwurf von Geldscheinen in eine Kloschüssel mit anschließender Betätigung der Spülung. (Sorry, aber ich konnte nicht widerstehen.)

Dieser gedankliche Hintergrund hat mich dazu motiviert, in meinen Vorschlägen das Risiko ersatzlos abzuschaffen - auf dass das Spielerische in's Spiel zurückkehren kann. Es ist einfach die Summe der Erfahrungen der letzten zwanzig Jahre.

Zeit für's Bett!


 

 

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