Bitterer Kampf um Glück und sehr viel Geld

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Gast

Bitterer Kampf um Glück und sehr viel Geld

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Bitterer Kampf um Glück und sehr viel Geld

Länder suchen heute in Berlin Einigung über Glücksspiel. Schleswig-Holstein droht Neuregelung des Staatsvertrags zu kippen

FDP-Mann Kubicki: Kiel zieht möglicherweise Alleingang durch, womit Neuregelung obsolet würde Laut Ifo-Studie gingen dem Staat bei geplanter Verschärfung des Monopols jährlich mehr als zwei Milliarden Euro verloren

Brüssel/Berlin

Wenn sich die Ministerpräsidenten der Länder am heutigen Mittwoch in Berlin versammeln, um wieder einmal über die Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrags zu beraten, sind die Fronten verhärtet wie eh und je. Während die SPD-geführten Länder das seit 2008 bestehende staatliche Monopol für Lotto und Sportwetten am liebsten ausweiten wollen, kämpft vor allem die FDP, aber auch die Union für eine Liberalisierung.

Schließlich geht es um gewaltige Einnahmequellen für die öffentlichen Kassen: Der deutsche Lotto- und Totoblock machte 2010 6,5 Mrd. Euro Umsatz. Der Sportwettenmarkt, in Deutschland wegen des Monopols allerdings stark rückläufig, setzt europaweit rund neun Mrd. Euro pro Jahr um.

Niemand will jedoch darauf wetten, dass es heute nun eine Einigung gibt. Den Hardlinern auf SPD-Seiten, zum Beispiel Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck und der Rheinland-Pfälzer Kurt Beck schwebt eine Fast-Verstaatlichung der gesamten Branche, einschließlich Geldspielautomaten und Pferdewetten vor. Schleswig-Holstein hingegen bringt gerade sein eigenes Glücksspielgesetz durch den Landtag. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki droht mit dem Aus für jeden neuen Staatsvertrag. "Wenn es keine Einigung gibt, wird Schleswig-Holstein seinen Alleingang fortsetzen", so Kubicki im Gespräch mit der "Welt". "Die Liberalisierung, die bereits im Prozess der Gesetzgebung ist, steht bis zum Sommer. Dann wird jeder Staatsvertrag der Länder obsolet." Denn das Bundesland im Norden würde so zur deutschen Glücksspiel-Oase, in der sich private Anbieter ansiedeln könnten.

Für die FDP kann eine Einigung nur Marktliberalisierung bedeuten. Bei ihrem letzten Treffen im März hatten sich die Ministerpräsidenten auch geeinigt, zumindest den deutschen Sportwettenmarkt wieder für private Anbieter zu öffnen, um das Milliarden-Geschäft aus der teilweisen Illegalität herauszuholen. Nach Angaben von Sachen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU) bestand Einigkeit, den Sportwettenmarkt mit einem Konzessionsmodell zu regulieren. Zur Ausgestaltung sollte ein entsprechender Vorschlag erarbeitet werden.

Über eben diese Ausgestaltung ist jedoch inzwischen ein handfester Streit entbrannt, der eine Einigung am Ende unmöglich machen könnte. Wie aus einem Eckpunktepapier für die Konferenz hervorgeht, das der "Welt" vorliegt, ist etwa völlig unklar, inwieweit Glücksspielanbieter künftig werben dürfen oder ob Pokern im Internet oder Live-Wetten zulässig sein sollen oder nicht. Je nachdem wie weit die Politik hier geht, fürchten die Befürworter einer Liberalisierung am Ende eine Mogelpackung - sprich eine Marktöffnung, die so restriktiv und marktfremd ist, dass die privaten Glücksspielanbieter gar nicht erst nach Deutschland zurückkommen wollen.

Wie zerrüttet die Stimmungslage ist, zeigte sich zuletzt beim Treffen der Chefs der Staatskanzleien in der vergangenen Woche: Dem Vernehmen nach soll es zwischen den SPD-Ländern, die "sich wieder in den Schützengraben der Monopolbefürworter zurückgezogen" hätten, und den Ländervertretern, die einer Liberalisierung prinzipiell offen gegenüber stehen, "richtig geknallt" haben. Neben Schleswig-Holstein wollen vor allem Hessen und Sachsen sowie Bayern eine Liberalisierung. "Die SPD-geführten Bundesländer haben keine Gestaltungsmehrheit. Sollten sie sich nicht bewegen, würde das Monopol hinweggefegt", warnt Kubicki.

Zur Überraschung aller soll sich nun aber auch Hamburgs neuer Regierender Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) für eine regulierte Öffnung stark machen. Die Angst vieler SPD-Länderfürsten ist eigentlich groß, dass die saftigen Glücksspiel-Einnahmen verloren gehen, die für den guten Zweck, für Breitensport oder Kulturförderung eingesetzt werden können - und mithin auch ein beliebtes Mittel für die eigene Wiederwahl sind. Doch Untersuchungen zeigen, dass das Staatsmonopol keineswegs für die öffentlichen Kassen Vorteile bringt. Eine vorläufige Berechnung des Ifo-Instituts, die der "Welt" vorliegt, macht das deutlich: Würden sich die Sozialdemokraten durchsetzen und das Monopol auf die ganze Branche ausweiten, flössen zwischen 2012 und 2015 rund elf Mrd. Euro direkte Einnahmen an den Staat. Bei einer wie in Modell II (siehe Kasten) geplanten regulierten Marktöffnung wären es hingegen 19,6 Mrd. - ein satter Unterschied von 8,4 Mrd. Euro.

Über einen Einbezug der auf Bundesebene - wesentlich liberaler - geregelten Automaten und Pferdewetten in die neue Glücksspielordnung führen Bund und Länder Gespräche. "Ziel des Bundes ist eine Verschärfung des Glücksspielrechts für den Bereich, in dem der Bund verantwortlich ist - die Spielverordnung für das Automatenspiel", heißt es im Wirtschaftsministerium. Doch zunächst blickt man dort auf die Ministerpräsidenten, in der Hoffnung, dass diese sich doch noch auf eine Lösung einigen, die Privaten wie dem Staat Rechnung trägt und vor allem europarechtliches Fundament haben. Denn in Brüssel liegen Vertragsverletzungsverfahren wegen Verstoßes gegen Binnenmarktregeln bereits in den Schubladen.


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Zuletzt geändert von Gast am 18.05.2018, 00:01, insgesamt 10-mal geändert.

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ChriPo
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Re: Bitterer Kampf um Glück und sehr viel Geld

Beitrag von ChriPo »

... und mit diesem Bericht wird deutlich, daß es bei der ganzen Diskussion nämlich nur ums liebe Geld geht. Der Spektakel rund um süchtige Spieler ist vorgeschoben und organisiert. Politiker interessieren sich nicht für das Wohlergehen der Bevölkerung (höchstens insoweit, daß sie Steuern bezahlt) und die Suchtverbände kassieren fette öffentliche Zuschüsse für gemachte Diskussionen, die sie allerdings in eigenem Interesse führen. Und sie alle leben wie die Maden im Speck!

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